Der staatliche Bürokratiewahnsinn blockiert unser wirtschaftliches Fortkommen

Der staatliche Bürokratiewahnsinn blockiert unser wirtschaftliches Fortkommen

Welt-Gastkommentar von Rheinhold von Eben-Worlée

Der Präsident von DIE FAMILIENUNTERNEHMER schreibt in der Welt, wie die immer weiter ausufernde Bürokratie das Land und unsere Unternehmen bremst. Die Ampel hatte hier Besserung versprochen, doch passiert ist bisher wenig.

Deutschlands Familienunternehmen sind der Garant unseres Wohlstandes. Der ist jetzt in Gefahr. Denn ausgerechnet der Staat mit seinen langsamen Verwaltungswegen und ineffizienten Strukturen blockiert Wachstum und Innovation.
758 zusätzliche Beamtenstellen benötigen die Bundesministerien – zumindest nach Ansicht der selbst ernannten Fortschrittskoalition. Argumentiert wird der Zuwachs, der den Staatshaushalt noch viele Jahrzehnte belasten wird, mit der Bewältigung neuer Aufgaben, die sich aus dem Koalitionsvertrag ergeben würden.

Sehr fortschrittlich ist das nicht. Zumal: Die Abläufe und Entscheidungen werden mit mehr Beamten und Verwaltungsangestellten keineswegs schneller oder effizienter. Wir haben bereits einen XXL-Bundestag. Wir brauchen nicht auch noch XXL-Bundesministerien.

Mit neuen Schulden neue Bürokratiebeschleunigungsstellen in den Ministerien zu schaffen, ist das Gegenteil der von Kanzler Olaf Scholz angekündigten Zeitenwende. Für die Herausforderungen unserer Zeit sollte die Ampelkoalition auf sparsame Haushaltsführung, Schnelligkeit und weniger Bürokratie setzen – auch um dadurch Investitionen der privaten Wirtschaft anzuregen.

Ja, nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine müssen wir uns alle neuen Realitäten stellen – auch finanzpolitisch. Mitten in die finalen Züge der Haushaltsplanungen platzte der Plan über ein Sondervermögen für die Bundeswehr.

Doch anstatt vorschnell nach einer weiteren Aussetzung der Schuldenbremse zu rufen und damit die Verantwortung den kommenden Generationen aufzuhalsen, müsste doch die Einigung im Koalitionsvertrag gelten, jede Ausgabe auf den Prüfstand zu stellen.

In der aktuellen besonderen Situation obliegt jedes Kabinettsmitglied der Verantwortung, aufzeigen, was und wie viel in seinem Etat zugunsten unserer aller Sicherheit eingespart werden kann. Doch was passiert stattdessen: Die Bundesministerien liefern sich einen Wettbewerb darum, wer die meisten Beamten und Staatssekretäre einstellt.

Lieferengpässe, Fachkräftemangel, Preissteigerung, Bürokratiekosten, Energiekosten – all das sind aus Sicht der Unternehmer die größten Investitionshemmnisse. Wir sehen seit Jahren ein schleichendes Siechtum der Erweiterungsinvestitionen in Deutschland.

Bei uns wird vor allem in den Erhalt der Substanz investiert, neue Fertigungslinien werden bevorzugt im Ausland aufgebaut. Unsere Industriequote geht Jahr um Jahr kontinuierlich weiter zurück, um rund 1 Prozent per annum. Das heißt, dass wir in zehn Jahren auf dem traurigen Niveau von Frankreich oder dem UK liegen. Adieu, Industrienation Deutschland.

Unser Land steht vor gewaltigen Herausforderungen und verzeichnet zugleich in vielen Bereichen einen Investitionsstau. Das bildet für Wachstum und nachhaltigen Wohlstand eine ernste Gefahr. Was also tun? Viel Geld hilft nicht viel: Denn was nützt uns Kapital, das durch langsame Verwaltungswege, ineffiziente Strukturen und Fehllenkungen einfach versickert?

Allzu oft stellt der Staat viele Fördermittel zur Verfügung, die dann mangels langsamer Verfahren schlicht nicht abgerufen werden können. So lief der Ausbau der digitalen Infrastruktur, insbesondere des Glasfasernetzes, trotz der Bereitstellung von Fördergeldern in Milliardenhöhe sehr schleppend. Und auch beim Ausbau der Stromnetze ist wenig passiert.

Wie können Zukunftsinvestitionen also vorangetrieben werden? Hier einige Ideen, wie die Bundesregierung den Turbo in Sachen Planungs- und Genehmigungsrecht zuschalten kann.

Zuverlässige Planbarkeit: Zeitfenster mit einer maximal zulässigen Bearbeitungszeit durch die Behörden sorgen dafür, dass Investoren Planungssicherheit erhalten und sich Verfahren nicht über Jahre hinziehen. Sollten die Behörden diese Frist nicht einhalten, dann gilt das Projekt automatisch als genehmigt.

One-Stop-Shop-Anträge: Unabhängig vom Umfang des Projekts gibt es für den Antragsteller etwa von Bauvorhaben nur einen behördlichen Ansprechpartner und nur an diesen sind die Unterlagen zu richten.

So muss ein Bauherr beispielsweise nicht vom Umweltamt und vom Bauamt getrennt Genehmigungen einholen, sondern die Behörden bilden Projektteams. Auf diese Weise werden redundante Informationsflüsse und Reibungsverluste vermieden sowie die Prozesse massiv beschleunigt.

Rein digitale Lösungen: Es sollte ein Verbot der Einreichung analoger Unterlagen eingeführt werden. Ähnlich wie bereits für die Rechnungsstellung Privater an Bundesbehörden seit 2021 der Zwang zur E-Rechnung besteht, so sollte die öffentliche Verwaltung bei größeren Infrastrukturprojekten nur noch Dokumente in digitaler Form annehmen dürfen.

Dies würde das längst überfällige Signal des Aufbruchs senden und den Arbeitsfluss – insbesondere bei Rückfragen und Feedback-Schleifen – stark beschleunigen. Wir benötigen eine moderne und digitalisierte Verwaltung und wir brauchen eine wieder erstarkende Wirtschaft.

Wir Familienunternehmer benötigen politischen Fortschritt, damit wir weiterhin das Herz unserer Volkswirtschaft bleiben, den sozialen Kitt in den Regionen bilden und mit unseren Beschäftigten auch zukünftig den Wohlstand unseres Landes erarbeiten können.

Sonst klappt es weder jetzt noch später mit der „sozial-ökologischen Transformation“. Nur eine gute Investitions- und Wirtschaftspolitik ist eine gute Politik für die Gesellschaft, die Umwelt und das Klima.

Dieser Artikel erschien zuerst am 3. August 2022 in der Welt.


 
Partner
Logo Deutsche BankLogo KPMGLogo FBNLogo EFB

Die Stimme der Familienunternehmer